Informationen zur Verkehrsinfrastrukturgesellschaft

Mit der Abstimmung über die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen stand zum Ende der Legislaturperiode noch ein dicker Brocken auf der Tagesordnung des Bundestages. Kaum eine Entscheidung in den letzten vier Jahren – bestehend aus mehreren Grundgesetzänderungen und einfachgesetzlichen Regelungen – war so hart und kontrovers verhandelt wie diese. Und über kaum eine parlamentarische Entscheidung ist im Vorfeld mehr spekuliert, fehlinformiert und Verunsicherung gestreut worden wie über die Errichtung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft.

Deshalb gleich zu Beginn eine Entwarnung: Nein, unsere Autobahnen werden nicht privatisiert – und das ist der Verhandlungserfolg der SPD im Deutschen Bundestag. Aber am besten der Reihe nach:

Problematisch waren im Vorlauf der Abstimmung beispielsweise die Argumentation von Change.org und der Artikel „Autobahn-Privatisierung SPD täuscht die eigenen Genossen“ vom 26. Mai in der Berliner Zeitung. Beide Male wurde falsch argumentiert. Wie ist es also tatsächlich?

Zunächst ist es so, dass die SPD die Privatisierung effektiv verhindert, dass öffentlich-private Partnerschaften (ÖPPs) bei Einzelprojekten zwar weiter erlaubt sein werden (wie auch bei der österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, kurz: ASFINAG), dass die bestehenden Fehlanreize (laut Bundesrechnungshof!) innerhalb der jetzigen Auftragsverwaltung pro ÖPP aber aufgehoben werden, weil es in einer Bundesautobahngesellschaft betriebswirtschaftlich unattraktiv sein wird (wie in Österreich), solche ÖPP-Projekte (unter 100 km) künftig in dem Umfang auszuführen, wie die Herren Ramsauer und Dobrindt es bei den letzten 11 Projekten (ohne Parlamentsbeteiligung!) gemacht haben. Kurzum: Ja, ÖPP bis 100 km Länge – die grundgesetzlich festgeschrieben nicht aneinandergereiht, keine Teilnetze und keine wesentlichen Teile des Netzes sein dürfen – sind weiter erlaubt. Aber für die neue Verkehrsinfrastruktur fällt der Anreiz weg, auf ÖPP zurückzugreifen, da die neue Gesellschaft wesentlich effektiver funktioniert als die bisherige Struktur aus gemischten Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern.

Zur Wahrheit gehört auch: Wer am 01. Juni mit nein gestimmt hat, hat für die Beibehaltung des Status Quo der Auftragsverwaltung gestimmt und hat in Kauf genommen, die künftige Anzahl dieser ÖPP-Projekte weiter zu erhöhen, weil der Fehlanreiz, Banken und Versicherungen ins Boot zu holen, geblieben wäre.

Bettina Hagedorn und Johannes Kahrs, Mitglieder des Haushaltsausschusses, wurden zwischen dem 15. und 17. Mai hunderttausende Unterschriften von „Change.org.“, von „campact“ sowie „Gemeingut in BürgerInnenhand“ überreicht. Sie haben sich dabei öffentlich sehr wertschätzend zu dieser gesellschaftlichen Initiative geäußert, die sich seit Monaten richtigerweise eindeutig gegen die Privatisierung unseres Bundesautobahn- und Bundesfernstraßennetzes richtet. Damit deckt sie sich inhaltlich voll mit dem, wofür sich die Sozialdemokraten im Bundestag engagieren – die Initiative wurde von uns als „Rückenwind“ in den wochenlangen Verhandlungen mit dem CDU-Koalitionspartner gewertet.

Damit noch einmal deutlich wird, dass die kritische SPD-Positionierung zu einer möglichen Privatisierung der Bundesautobahnen tatsächlich seit langem gereift und keinesfalls einem gewissen Aktionismus im nahenden Bundestagswahlkampf geschuldet ist, lohnt sich ein Blick auf das Positionspapier vom Januar 2016 zu diesem Thema. Sehenswert sind auch der „Bericht aus Berlin“ sowie die ARD-Sendung „Monitor“ von Donnerstag, dem 27. April, letztere mit bemerkenswert klaren Aussagen von Bettina Hagedorn, die die Vorsitzende im Haushalts- und Rechnungsprüfungsausschuss ist. Die „Monitor-Sendung“ ist vor allem deswegen sehenswert, weil darin der CDU-Fraktionschef Volker Kauder sowie CSU-Verkehrsminister Dobrindt ankündigen, dass CDU/CSU einer von der SPD geforderten Grundgesetzänderung zur Verhinderung dieser „Privatisierung durch die Hintertür“ nicht zustimmen werden. Aber genau das haben die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten jetzt gegen massiven Widerstand der Union durchgesetzt.

Der letzte Aufruf von Change.org enthielt übrigens in Bewertung des am 1. Juni im Deutschen Bundestag zur Abstimmung stehenden Gesetzpaketes, das vom Haushaltsausschuss ganz maßgeblich korrigiert und in der neuen Fassung erst am 24. Mai an alle Abgeordneten verschickt wurde, einige Fehlinformationen:

Change.org behauptet, dass bei einem „Ja“ der Abgeordneten zum Gesetzespaket am 1. Juni im Bundestag eine künftige „Privatisierung der Autobahnen“ nicht auszuschließen sei. Das ist falsch. Richtig ist hingegen, dass wir in den letzten sieben Wochen im parlamentarischen Verfahren der geplanten Privatisierung die „Giftzähne gezogen“ und die von den CDU/CSU-Ministern Schäuble und Dobrindt gewollte Autobahngesellschaft um 180 Grad gedreht haben – ein Vorgang, der in der Parlamentsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland nach allen Erkenntnissen einmalig ist. Die Gesellschaft wird jetzt zu 100 Prozent staatlich über den Bundeshaushalt finanziert, kann keine Kredite aufnehmen und weder mittelbar noch unmittelbar Beteiligungen von Privaten erlauben. Die Kontrolle der Gesellschaft wird künftig durch den Bundesrechnungshof sichergestellt. Damit werden auch die Abgeordnete den Betrieb und sämtliche Investitionen und Aufträge in Zukunft eher besser kontrollieren und steuern können als heute.

Um das zu schaffen, hat die SPD die eigentlich bereits für den 19. Mai vorgesehene Beschlussfassung in 2./3. Lesung im Bundestag blockiert, um sich bei diesen strittigen Punkten durchsetzen zu können. Jetzt können wir verkünden: Versprochen – gehalten! Das Verbot von funktionaler Privatisierung bei Teil-Netz-ÖPP kommt ins Grundgesetz und wird somit verfassungsrechtlich festgeschrieben. Grundgesetzlich schließen wir auch eine unmittelbare und mittelbare Beteiligung von Privaten an der neu zu gründenden Gesellschaft und ihrer regionalen Tochtergesellschaften aus – nach Auffassung der SPD-Gutachter von der Anhörung am 27. März, Prof. Dr. Georg Hermes und dem Bundesrechnungshof, die beiden wichtigsten Grundgesetzänderungen, ohne die die SPD, das Paket hätten platzen lassen. Damit erreicht man im Gesetz – und auch im Grundgesetz – Schranken, wo es vorher keine gab.

Die tatsächlichen Veränderungen am Regierungsentwurf zur Privatisierung der Autobahnen, die die Abgeordneten im Haushaltsausschuss in den letzten Wochen durchgesetzt haben, um eine mögliche Privatisierung der Autobahnen „durch die Hintertür“ zu verhindern, und jetzt dem Parlament zur Zustimmung vorlegen, noch einmal zusammengefasst:

1. „Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und möglichen Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen.“ Dies wird verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich geregelt.

2. Eine funktionale Privatisierung durch die Übertragung eigener Aufgaben der Gesellschaft auf Dritte, z.B. durch Teilnetz-ÖPP, wird ausgeschlossen. In Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wird dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen.“

3. Eine Übertragung von Altschulden auf die Gesellschaft wird ausgeschlossen.

4. Die Gesellschaft wird nicht kreditfähig. Damit ist die Gefahr einer Aufnahme von privatem Kapital zu hohen oder gar überhöhten Zinsen gebannt. Um effizient wirtschaften und „atmen“ zu können, kann die Gesellschaft aber Liquiditätshilfen (zinslose Darlehen) aus dem Bundeshaushalt erhalten – wie andere Bundesgesellschaften auch.

5. Das wirtschaftliche Eigentum an den Fernstraßen, geht nicht an die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund. Die Übertragung und die Überlassung von (Nießbrauch-) Rechten werden ausgeschlossen. Das bedeutet: Fernstraßen können nicht an private Investoren verkauft werden.
6. Mautgläubiger bleibt der Bund (für Lkw-Maut und Pkw-Maut). Die Option, dass die Gesellschaft das Mautaufkommen direkt vereinnahmen kann, ist gestrichen. Die zweckgebundenen Einnahmen (Lkw-Maut, Pkw-Maut) fließen der Gesellschaft wie bisher über den Bundeshaushalt zu.

7. Das Verkehrsministerium kann Befugnisse und Aufgaben der Gesellschaft und des Fernstraßen-Bundesamtes nur dann auf andere vom Bund gegründete Gesellschaften übertragen, wenn diese im ausschließlichen Eigentum des Bundes stehen.

8. Spartengesellschaften sind ausgeschlossen. Zur Herstellung der Präsenz in der Fläche kann die Gesellschaft aber bedarfsgerecht bis zu zehn regionale Tochtergesellschaften gründen, die denselben Restriktionen unterliegen wie die Muttergesellschaft.

9. Die Gesellschaft wird als GmbH errichtet. Die Klausel, die eine einfache Umwandlung zur AG ermöglicht hätte, ist gestrichen.

10. Der Gesellschaftsvertrag (= Satzung) der GmbH und wesentliche Änderungen bedürfen der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages.

11. Eine unabhängige externe Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Gesellschaft sowie möglicher Töchter wird sichergestellt, indem entsprechende Prüfrechte des Bundesrechnungshofes verankert werden.

12. Kontroll- und Einflussmöglichkeiten des Parlaments auf Verkehrsinvestitionen bleiben in vollem Umfang erhalten.

13. Der fünfjährige Finanzierungs- und Realisierungsplan für Verkehrsinvestitionen der Gesellschaft bedarf der vorherigen Zustimmung durch den Haushaltsausschuss und den Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages (während dieser 5-Jahresplan nach heutigem Recht den Ausschüssen vom Verkehrsministerium nur „zur Kenntnis“ und damit ohne Zustimmungsvorbehalt vorgelegt wird).

In einem Aufruf von Change.org wurde noch bis kurz vor der Abstimmung gefordert, folgende Formulierung ins Grundgesetz aufzunehmen: „Die Bundesrepublik Deutschland haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft“. Diese Formulierung unserer Sachverständigen stammt aus dem März 2017 auf der Grundlage des Regierungsentwurfes, der vorsah, dass die Gesellschaft sich – ohne parlamentarische Kontrolle – unbeschränkt am Markt verschulden hätte dürfen. Genau das ist allerdings jetzt von der SPD ausgeschlossen worden. Die Gesellschaft hat keine Verbindlichkeiten und wird keine haben dürfen, weil sie und ihre möglichen „Töchter“ zu 100 Prozent dem Staat zuzurechnen sind. Wenn jetzt trotzdem die von „Change.org.“ vorgeschlagene Formulierung ins Grundgesetz aufgenommen werden würde, wäre verfassungsrechtlich verankert, dass diese Gesellschaft Verbindlichkeiten haben soll – ein fataler Fehler.

Des Weiteren beschrieb Change.org in diesem Zusammenhang die Gefahr, dass „unter einer möglichen neoliberalen schwarz-gelben Koalition“ genau diese gesetzlichen Restriktionen, die wir heute für diese „Autobahngesellschaft“ beschließen, ausgehebelt werden könnten. Das stimmt teilweise. Allerdings konnte eine schwarz-gelbe Regierung eben leider auch die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke nur wenige Monate vor Fukushima beschließen und nur dadurch den vier Energiemonopolisten Klagemöglichkeiten auf milliardenschweren Regress nach der Energiewende eröffnen. Man kann eben leider nicht grundgesetzlich ausschließen, dass künftige Regierungen folgenschwere negative Entscheidungen für die Menschen treffen, wenn sie die entsprechenden Mehrheiten haben. In der Demokratie haben genau diese Verantwortung die Wählerinnen und Wähler, wenn sie in Wahlen eben jene Mehrheiten beschließen.

Sollten Sie vertiefte Informationen suchen, kann ich das sehr aufschlussreiche stenografische Protokoll der spannenden Anhörung des Haushaltsausschusses mit sieben Sachverständigen am 27. März in Berlin empfehlen – diese ist auf der Homepage des Deutschen Bundestages zu finden oder auf Nachfrage per Mail von meinem Büro zu erhalten. Dazu noch ein Hinweis: Außer den Antworten der Sachverständigen geben insbesondere auch die Fragen der Abgeordneten bereits eindeutige Hinweise auf deren Haltung und sind darum eine spannende Lektüre. Der CSU-Sachverständige Dr. Dietrich Drömann von der Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen ist im Übrigen derjenige Gutachter, der für Minister Dobrindt die initiierte Privatisierung innerhalb des Bundesverkehrsministeriums mit seiner Expertise für über 2 Millionen Euro (!) „begleitet“ hat – schon durch die kritischen Fragen der Koalitionshaushälter bei der Anhörung konnte man erkennen, dass dieser Gutachter genau deshalb im parlamentarischen Verfahren KEINE Rolle gespielt hat. Die Gutachter Prof. Dr. Christoph Gröpl (von der CDU bestellt), Prof. Dr. Thorsten Beckers (von den GRÜNEN) sowie unser SPD-Sachverständiger in der Anhörung – Prof. Dr. Georg Hermes – hingegen waren sich alle drei so einig, dass „kein Stück Papier“ zwischen sie passte, und sie sind sich ebenfalls einig mit den beiden weiteren von der SPD bestellten Gutachtern, dem Bundesrechnungshof und Wolfgang Pieper von ver.di. Diese fünf Experten haben ihre umfangreichen und kritischen Darstellungen zur „versteckten“ Privatisierung in der Anhörung maßgeblich auf unsere kritischen Fragen gegeben. Ein Zufall war das nicht.

Der Bundesrechnungshof hatte im Übrigen bereits im Dezember 2016 und Mitte Januar 2017 diese „Privatisierung durch die Hintertür“ aufgedeckt (und nicht „Gemeingut in BürgerInnenhand“, die im Übrigen in der Anhörung als Sachverständige der LINKEN auftraten und sich seitdem Argumente der seitens der SPD bestellten Sachverständigen zu eigen gemacht haben). Auf die Initiative der Vorsitzenden des Rechnungsprüfungs- und Haushaltsausschuss Bettina Hagedorn hat der Bundesrechnungshof bereits Mitte Januar in verschiedenen Gremien der Koalitionshaushälter seine alarmierenden Erkenntnisse zu im Gesetzentwurf versteckten Privatisierungsplänen vorgestellt. Genau darum waren wir Haushälter von SPD und auch CDU uns bereits seit Jahresbeginn im Grundsatz einig, dass wir diese Privatisierung in jedem Fall verhindern wollen.

In enger Abstimmung mit unseren vier vertrauenswürdigen Sachverständigen (plus Bundesrechnungshof) haben wir wochenlange harte Verhandlungen mit der CDU/CSU geführt. Der Bundesrechnungshof hat uns in dieser Zeit drei umfangreiche weitere neue Gutachten geschickt (die nicht öffentlich sind), mit denen er unsere Arbeit wirkungsvoll unterstützt hat. Eine Klausurtagung des Rechnungsprüfungsausschusses am 26. April (mit Abgeordneten auch der Oppositionsfraktionen) haben wir ausschließlich genutzt, um die erforderlichen Gesetzesänderung zu diskutieren, die eine „Privatisierung durch die Hintertür“ wirksam verhindern können. Seit dem 24. Mai liegt ein weiterer sogenannter 88er-Bericht des Bundesrechnungshofes vor, der allen Bundestagsabgeordneten detailliert auf 13 Seiten die maßgeblichen Veränderungen im parlamentarischen Verfahren am Gesetzpaket erläutert und diese aus der unabhängigen Sicht des Hofes bewertet – eine wichtige Unterstützung für das Parlament, für die ich persönlich sehr dankbar bin.

Für die ca. 11.000 Beschäftigten der Straßenbauverwaltungen der Länder, die in den nächsten Jahren vermutlich überwiegend zum Bund wechseln werden, haben wir Sozialdemokraten in den letzten Wochen ebenfalls massive Verbesserungen am Regierungsentwurf in engen Abstimmung mit Gewerkschaften und Personalräten vorgenommen, denn der Gesetzentwurf von Herrn Schäuble und Herrn Dobrindt sah eine quasi „mitbestimmungsfreie“ Übergangszeit von über vier Jahren vor und keine Tarifverhandlungen und -verträge für die zu gründende Gesellschaft vor. Dabei hat ver.di mit unserem SPD-Sachverständigen in der Anhörung Wolfgang Pieper eine herausragende Rolle gespielt.

Für das Personal konnten wir folgende Verbesserungen erreichen:

1. Zum Personalübergang von den Straßenbauverwaltungen der Länder werden – abweichend vom Regierungsentwurf – die Mitbestimmung der Beschäftigten gestärkt, die Freiwilligkeit zum Prinzip erhoben und die vorgesehenen Eingriffe in die Tarifautonomie korrigiert – Kernforderungen der Gewerkschaften werden damit umgesetzt.

2. Der Bund wird alle wechselbereiten Beschäftigten (bis zu 11.000 Beamte, Arbeitnehmer und Auszubildende) unter Wahrung ihrer Besitzstände übernehmen (keine „Rosinenpickerei“). Nicht wechselbereite Beschäftigte bei Ländern und Kommunen werden weiterbeschäftigt, deren Personalkosten werden den Ländern voll erstattet.

3. Das Widerspruchsrecht wird unmissverständlich verankert: Die Vorschriften des § 613a BGB über den Betriebsübergang finden analog Anwendung. Die Weiterverwendung erfolgt grundsätzlich am bisherigen Arbeitsplatz und Arbeitsort.

4. Für die Beschäftigten bei der Gesellschaft sind Tarifverträge abzuschließen. Für die Überleitung der Beschäftigten werden Überleitungstarifverträge angestrebt. Beides wird gesetzlich geregelt.

5. Die Personalvertretungen werden an der Arbeit des begleitenden Bund-Länder-Gremiums beteiligt, sofern Belange der Beschäftigten berührt sind.

6. Der Übergang erfolgt zügig, die neue Struktur soll schnell leistungsfähig sein. Die Gesellschaft soll deutlich früher den Betrieb aufnehmen als zum 1. Januar 2021, wie im Regierungsentwurf vorgesehen. Sie wird 2018 gegründet. Ferner wird die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) zum 1. Januar 2019 auf die neue Gesellschaft verschmolzen, anstatt ihre Aufgaben scheibchenweise zu übertragen und die VIFG dann aufzulösen.

7. Die Auftragsverwaltung kann schon vor dem 31. Dezember 2020 beendet werden. Die Gesellschaft kann ab dem 1. Januar 2020 im Einvernehmen mit dem jeweiligen Land die Planung und den Bau von Bundesautobahnen wahrnehmen.

8. Sobald ein Land sein auf die Gesellschaft zu übertragendes Personal und die Sachmittel vollständig übertragen hat, übernimmt der Bund auch vor 2021 die Kosten für die vom Bund veranlassten Planungen. Damit wird Fehlanreizen für die Länder bei ihren Planungsleistungen entgegengesteuert.

Der Zeitplan für die Beschlussfassung zu diesem umfangreichen Gesetzpaket am 1. Juni entsprach – auf Initiative und Druck von uns Abgeordneten – einem geordneten Verfahren und ist kein „übereiltes“ Gesetzgebungsverfahren „im Sauseschritt“, wie vielfach öffentlich moniert wurde. Vergessen wir nicht, dass es alle 16 Bundesländer mit ihren Ministerpräsidenten waren – darunter auch Herr Ramelow von den LINKEN, Herr Kretschmann von den GRÜNEN, CSU-Chef Seehofer sowie alle Länderchefs der SPD und der CDU – die die Partei- und Koalitionsspitzen von SPD und Union ursprünglich massiv gedrängt haben, bereits am 31. März (!) in 2./3. Lesung im Bundestag dieses Paket mit damals schon 13 Grundgesetzänderungen beschließen zu lassen, um ihrerseits Beratungszeit im Bundesrat zur Durchsetzung ihrer Länderinteressen zu gewinnen. Deshalb ist es für den Bundestag ein großer Erfolg, dass wir uns letztendlich mit einer monatelangen Befassung und mehrstündigen Debatte am 1. Juni gegen die Exekutive in Bund und Ländern durchsetzen konnten.

Diese 16 Ministerpräsidenten eint das gemeinsame Interesse, die von ihnen mit 16 zu 0 beschlossenen Verbesserungen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (ab 2020) in jedem Fall noch vor der Sommerpause sichern zu wollen, weil sonst in eher finanzschwachen Bundesländern – z.B. die beabsichtigten Personalaufstockungen in Schulen, Kitas und bei der Polizei – nicht zeitnah erfolgen könnten. Besonders profitieren von diesem Finanzausgleich aber auch reiche Bundesländer wie Bayern, kleine Länder wie das Saarland und auch Nordrhein-Westfalen oder Hamburg. Gleichzeitig hat die Bundes-SPD die Verlängerung des Unterhaltsvorschusses über das 12. Lebensjahr hinaus (vor allem zugunsten der Kinder von Alleinerziehenden) sowie weitere 3,5 Mrd. Euro für finanzschwache Kommunen für die Modernisierung deren Bildungseinrichtungen („Aufweichung“ des Kooperationsverbotes im Grundgesetz) durchgesetzt. Diese beiden Punkte sind – ebenso wie die Bundesfernstraßengesellschaft – TEIL des Gesamtpaketes: Wer also mit „Nein“ stimmt, lehnt in der Konsequenz alles ab. Bei so vielschichtigen Interessen bei Einzelteilen des Gesamtpaketes war die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag zustande kommt, obwohl viele Abgeordnete an Einzelteilen des Paketes Kritik haben. Das ist der Grund, warum wir Abgeordneten im verantwortlichen Haushaltsausschuss uns anstatt auf das „Nein“, das die Change.org-Kampagne fordert, stattdessen auf die Veränderung des Gesetzes zur Bundesfernstraßengesellschaft verständigt haben, die am Ende ein „Ja“ ohne jede Privatisierung „durch die Hintertür“ ermöglichen soll.

Die nicht unerhebliche Anzahl von „Nein“-Stimmen im Bundestag war trotzdem nicht wirklich überraschend und es gibt dafür sehr verschiedene Motivationen. Denn es gibt nicht nur viele Kritiker an dem vorgelegten Regierungsvorschlag inklusive Privatisierungsabsichten. Es gibt auch sehr viele Abgeordnete, insbesondere im Verkehrsausschuss, die aktuell massiv kritisieren, dass wir Haushälter u.a. der Gesellschaft keine Kreditfähigkeit einräumen oder beispielsweise die Phasen 2 und 3 (also die Umwandlung der „staatsnahen“ in eine „staatsferne“ Gesellschaft) gesetzlich unmöglich machen. Nicht jede/r „spielt dabei mit offenen Karten“. Auch die Ministerien von Herrn Dobrindt und Herrn Schäuble, deren Gesetzentwurf wir komplett verändert haben, mischen „hinter den Kulissen“ massiv mit, um uns Haushältern „Sand ins Getriebe zu streuen“. Ein NEIN am 1. Juni im Bundestag und damit ein Scheitern des Gesamtpaketes wäre allerdings in Wahrheit weder in Ihrem Interesse noch in dem von 11.000 Beschäftigten in Deutschland gewesen.

Übrigens hätte auch ich mit nein gestimmt, wenn es nicht geglückt wäre, der CDU – trotz gegenteiliger Aussagen von Volker Kauder (Fraktionsvorsitzender der CDU) und CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt am 27. April bei „Monitor“ – das Ja zu den beiden wichtigsten Grundgesetzänderungen abzuringen, damit jetzt diese Privatisierungsbremsen im einfachen Gesetz nicht mehr von neuen und anderen politischen Mehrheiten ohne Weiteres „gekippt“ werden können:

• In Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wurde der Satz eingefügt: „Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen.“
• In Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wurde dazu der Satz eingefügt: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen.“

Die SPD konnte sich somit an allen entscheidenden Stellen durchsetzen und den Regierungsentwurf aus der Feder von Finanzminister Schäuble (CDU) und Verkehrsminister Dobrindt (CSU) um 180 Grad drehen.